Home
Aktuelles
Flächenverbrauch
Brennpunkte Flächenverbrauch
Länderinfos Flächenverbrauch
Flächennutzung Altstadt Wetzlar
FN Wetzlar Doku Einwendungen
Was tun ?
Datenschutz, Kontakt und Impressum


Land Consumption - Consumo de la Tierra - Utilisation des Terres


Natürlich kann Fläche nicht verbraucht werden. Die irreversible Umwandlung von fruchtbarem Boden in unfruchtbaren, von Ackerland, Weiden und Wäldern in Eigenheimwohnbezirke, Autobahnen und Schnellstraßen kommt im Ergebnis dem Verbrauch allerdings gleich. Daher hat sich der Begriff eingebürgert.



Jährlicher Verlust landwirtschaftlicher Flächen am Beispiel der Schweiz. In den Alpenländern existiert ein Problem der besonderen Art: Durch den Klimawandel verschiebt sich die Baumgrenze in das Weideland höheren Lagen.
© Schweizer Umweltbundesamt


Verbraucht werden die natürlichen Bodenfunktionen, um genau zu sein. Der unmittelbare Verlust an fruchtbarem Boden ist deshalb irreversibel, weil ein Rückbau von Gebäuden und Straßenanlagen nur im Ausnahmefall erfolgt und selbst dann die vollen Bodenfunktionen nicht mehr hergestellt werden können. So what, könnte man sagen. Schließlich braucht der Mensch Siedlungsfläche. Und die EU zahlt sogar Stillegungsprämien für bisher landwirtschaftlich genutztes Land. Ist die Aufregung um den Flächenverbrauch also ein Sturm im Wasserglas? Keineswegs.



Neubaugebiet im Südwesten von Warendorf.               © landusewatch (2003)


"Unsustainable land use is driving land degredation. Land degradation ranks with climate change and loss of biodiversity as a threat to habitat, economy and society, but society has different perspectives on various aspects of land degradation occording to political visibility. Inaction means a cumulative addition to a long historical legacy of degredation, from which recovery is difficult or impossible.... Demands of land resources and the risks to sustainibility are liekely to intensify. Thera are opportunities  to meet this challange, and to avoid potentially immagable threats. Population growth, economic development and urbanisation will drive demands for food, water, energy and raw materials, the continued shift from ceral to animal products and the recent move towards biofuels will add to the demand for farm production."
Global Environment Outlook
UNEP (United Nations Environment Programme) 2007
www.unep.org/geo/geo4/report/03_Land.pdf



Ökologische Folgen

Bodenverluste sind nach den Zeitskalen menschlicher Entwicklung irreversibel. Es dauert fünfhundert Jahre, bis auch nur fünf Zentimeter Boden entstehen. Fruchtbarer Ackerboden ist weltweit knapp. Für die ausreichende Ernährung eines Menschen ist ein halber Hektar erforderlich. Schon heute steht nur noch die Hälfte zur Verfügung. In vierzig Jahren werden es bei gleichbleibendem Trend nur noch 0,14 Hektar sein (Politische Ökologie, Heft 10, 1997). Gerade in Ballungsräumen sind land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen Erholungsräume und Rückzugsflächen der Natur. Über die protokollierte Baufläche hinaus wirken Umweltbelastungen in die unversiegelte Fläche hinein: Lärmimissionen, Schadstoffeintrag, Gestank und auch das künstliche Licht unserer Siedlungen. Für viele Tierarten wird es eng im dichtbesiedelten Mitteleuropa. So halten Feldlerchen anderthalb Kilometer Abstand zu stark befahrenen Straßen. Die Zersiedlung der wenigen unverschnittenen Landschaftsräume gefährdet die biologische Vielfalt. Mit der Ausdehnung der Siedlungen im Umfeld der Ballungsräume steigt vor allem der Individualverkehr. Noch mehr Lärm und Abgase sowie steigender Energieverbrauch sind die Folge. Die versiegelten Flächen lassen den Grundwasserspiegel vor Ort sinken. Das abfließende Regenwasser steigert die Hochwassergefahr erheblich.


Ökonomische Folgen

Hochwasser wiederum führt jährlich wiederkehrend zu immensen volkswirtschaftlichen Schäden. Um diese zu reduzieren müssen Dämme und Hochwasserrückhaltebecken gebaut und erhalten werden. Immer weniger Einwohner beanspruchen immer mehr Fläche. Personen und Güter müssen in der Folge über immer weitere Strecken transportiert werden. Dabei sind die Investitionskosten für die erforderliche Infrastruktur noch das kleinere Problem. Straßen, Nahverkehrseinrichtungen, Trink- und Abwasserleitungen, Straßenbeleuchtung und andere Infrastruktureinrichtungen bis hin zu simplen Wegweisern müssen instand gehalten werden und belasten damit langfristig die öffentlichen Haushalte – und damit die Steuerzahler. Diese Fehlplanungen und Fehlinvestitionen  engen die Handlungs- und Entwicklungsperspektiven nachfolgender Generationen immer weiter ein. Die häufig subventionierte Bereitstellung von Gewerbeflächen auf der „grünen Wiese“ zerstört die Existenzgrundlage der ortsansässigen Gewerbetreibenden. Oft wird auch die Hoffnung der Kommunen auf zusätzliche Steuereinnahmen und Arbeitsplätze enttäuscht.


Gesellschaftliche Folgen

Die Abwanderung mittelständischer Familien ins Umland führt zu Segregation. In den Städten entstehen beziehungsweise verfestigen sich sozial instabile Quartiere, in denen ganz überwiegend benachteiligte Bevölkerungsgruppen leben. Die Bevölkerungsschichten entmischen sich. Es entstehen Problemquartiere. Versorgungseinrichtungen hingegen wandern zunehmend in die automobil bestens erreichbare Peripherie. Wer sich kein Auto leisten kann, wird abgehängt. Innenstädte veröden, vor allem nach Ladenschluss. In der Peripherie und im „Speckgürtel“ bilden sich Wohnschlafstädte. Wohnen und Arbeiten liegen zunehmend weiter auseinander. Die Brisanz dieser Entwicklung wird durch den demographischen Wandel – die Überalterung der Gesellschaft - in vielen Regionen verstärkt. Bei deutlich verringerter Bevölkerungsdichte müssen die Infrastrukturen von immer weniger Menschen getragen werden. Senioren in Einfamilienhaus-Siedlungen werden Probleme haben, Haus und Garten instand zu halten und bis ins hohe Alter darauf angewiesen sein, mit dem Auto in die Einkaufszentren der größeren Städte zu fahren, um sich zu versorgen, da vor Ort keine Märkte mehr existieren und der ÖPNV zunehmend ausgedünnt wird.




Bau neuer Ferienapartments im Norden von Cullera       © landusewatch (2006)


Neu ist das Problem mit dem Flächenverbrauch nicht. Seit der Mensch sesshaft wurde, hat er Fläche verbraucht und die Landschaft nach seinen Bedürfnissen umgestaltet und ausgebeutet. Große Städte entstanden, wo früher Urwald war und bereits die Kelten haben den Boden umgegraben, um an Eisenerze und andere Rohstoffe heranzukommen. Neu ist aber die Dimension des Problems. Heute hat der Flächenverbrauch vier Ursachen:


Sozioökonomischer Wandel

Generell sind zumindest in Mitteleuropa die Flächenansprüche pro Kopf seit Mitte des letzten Jahrhunderts kontinuierlich gestiegen. Beschied sich der Durchschnittsbürger  konkret in Deutschland 1960 noch mit vierzehn Quadratmeter Wohnfläche pro Person, so sind es heute deutlich über vierzig Quadratmeter. In der Wirtschaft (z.B. flächenaufwendige Formen der Warendistribution) und im Bereich öffentlicher Einrichtungen ist die Entwicklung ähnlich verlaufen. Trotz rückläufiger Bevölkerungszahl nimmt die Zahl der Haushalte immer noch zu. Junge Menschen beziehen heute früher eine eigene Wohnung, alleinstehende Senioren bleiben in ihren für Familien konzipierten Häusern. Auch die Zahl der Singles nimmt immer noch zu. Zweitwohnungen, Wochenendhäuser und die Ausbreitung neuartiger Freizeitanlagen tragen ebenfalls zum Flächenverbrauch bei.


Siedlungsstrukturkonzepte/Planungsleitbilder

Kommunalpolitiker fast aller Parteien glauben immer noch, dass sie einzig über die Ausweisung neuer Baugebiete die Besserverdienenden holen oder halten können. Sie weisen zudem großzügige subventionierte Gewerbegebiete aus, in der Hoffnung, dass dies Geld in den klammen Beutel der Kommune schwemmt. Immer häufiger bleiben die Flächen verwaist. Es ist ein Konkurenzspiel, in dem es nur wenige Gewinner, aber viele Verlierer gibt. Gleichzeitig entsteht seit Jahrzehnten eine Siedlungsstruktur, in der die Daseinsfunktionen (Wohnen, Arbeit, Freizeit etc.) zunehmend entkoppelt werden. Das ist bauplanungsrechtlich auch weitgehend gewollt. Die Bedürfnisse vieler Bürger, im Grünen zu Wohnen und individuell höchstmöglich mobil zu sein („autogerechte Stadt“), prägen die Vorstellungen von Politikern und Planungsverantwortlichen auf allen Planungsebenen bis heute wesentlich.


Öffentliche Förderung

Über Jahrzehnte war es das jenseits der Parteigrenzen verfolgte Ziel der Bundesregierung, die Wohnungseigentumsbildung durch die Eigenheimzulage zu fördern. Alleine 2004 wurden hierfür 11,4 Mrd. Euro aus Steuermitteln aufgewendet. Mit Ablauf des Jahres 2005 sind neue Anträge nicht mehr möglich. Das macht die Auswirkungen der jahrzehntelangen Förderpolitik jedoch nicht ungeschehen. Außerdem können bis Ende 2005 eingereichte Bauanträge noch drei Jahre, Bauanzeigen noch zehn Jahre genutzt werden Auch die Entfernungspauschale hat bei vielen Bundesbürgern dazu beigetragen, den Traum vom Eigenheim im Grünen zu verwirklichen. Daher wurde sie gelegentlich auch als „Zersiedlungsprämie“ bezeichnet. Sie wurde reduziert, aber nicht vollständig abgeschafft – wie dies Umweltbundesamt und Umweltschutzverbände fordern. Darüber hinaus muss zu öffentliche Förderung der Investitions- und Erhaltungsaufwand für die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen gezählt werden. Wer teils vierspurige Schnellstraßen tief ins Sauerland hinein baut muss sich nicht wundern, wenn das Wohnen im Grünen noch attraktiver wird.


Bodenökonomie/Bodenpreisgefälle

Immer noch wird die knappe Ressource Boden ausschließlich nach der wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeit bewertet. Alle anderen Funktionen des Bodens beziehungsweise der Fläche spielen bei der Preisbildung keine Rolle. So kommt es, dass der ökologisch kostbare Boden beziehungsweise die dazugehörende Fläche im Umland wesentlich preiswerter ist als der zum Teil altlastenverseuchte, nährstoffarme und kaum besiedelte Boden in unseren Innenstädten. So sind die städtebaulich erwünschte Neunutzung von Brachflächen und das Füllen innerstädtischer Baulücken auch wirtschaftlich kaum attraktiv.